Teehaus für eine Teemeisterin in Berlin (2022)
Das Teehaus wurde in einem Wohnraum eines Berliner Gründerzeithaus errichtet.
Die Grundfläche des Raumes beträgt 4.20 x 6.50 m groß. Darauf konnte ein vier-einhalb Tatami-Teehaus
mit einer Küche (Mizuya) geplant werden, wenn auch Flächen als Zugangsbereiche etwas knapp ausfallen mussten.
Die Bauherrin, eine Teemeistern, wünschte sich ein Teehaus,
in dem sie ihren eigenen Teezusammenkunft in zunächst traditioneller Art weiterentwickeln kann.

Dabei spielt die Lage der Wandnische (Tokonoma) eine große Rolle.
Die Bauherrin als spätere Nutzerin des Hauses hatte eine genaue
Vorstellung davon und gab mir sie als Grundlage für die Planung vor.
Dieses „Funktionsschema“ betrachtete ich als ein unabänderbares Gebot.

Auch deshalb schwebte ihr eine Räumlichkeit vor, die modern,
ungewöhnlich erscheint, ein Unikat, das allein für sie konzipiert ist.
Um eine traditionelle Teezusammenkunft zu ermöglichen, braucht ein Teehaus einen Grundriss,
der die Lage der Eingänge der Gäste sowie des Gastgebers mehr oder weniger festlegt.
Denn als Architekt weiß ich zu wenig über diese fast sechshundertjährige
Tradition und so konzentrierte mich auf ihren zweiten Wunsch,
ein Unikat auf dem vorgegebenen „Grundriss“ für sie zu gestalten.
Wir, die Bauherrin und ich, haben uns in jeder Planungsphase intensiv
austauschen müssen. Denn ich wusste, dass die Dimension oder Anordnung
der Dinge im Detail nicht nur gestalterisch, sondern nach der Art
ihrer Chanoyu (japanischer Teeweg) entschieden werden sollten.
Relativ früh waren wir einig, den Raum dunkel zu halten, die Lichtquellen zu beschränken und die Oberflächen
der einzusetzenden Materialien dunkel zu behandeln. In unseren Gesprächen
haben wir festgestellt, dass wir beide zur fast letzten Generation der Japaner gehören,
die die Welt von „Lob des Schattens“ Tanizakis in unseren
heimatlichen Häusern erlebt haben. Unsere Erlebnisse,
dass im Schatten bzw. in der Dunkelheit die Sinne sensibilisiert
und so das Sichtbare, Hörbare und Fühlbare intensiviert werden
und eine andere Bedeutung zu bekommen scheinen,
waren die Grundlage für die weitere detaillierte Planung.
Außen-Zugangssituation
Mizuya-Küche
Entwurfsideen-Prozess
Das Paradox des Konzeptes „Teehaus“ war seit seiner Entstehungszeit,
in der extremen Enge die Weite des Weltalls spüren lassen zu wollen.
Das wollte ich im Grundriss etwas symbolisch darstellen.
So griff ich auf die alte chinesische kosmologische Darstellung „tennen chihou“ zurück – die Erde
als Quadrat im Kreis des Himmels. Dies ist die Grundlage der Mandala-Darstellungen und
auch in Japan wird sie oft für verschiedenen Gegenstände benutzt.
Dazu kam noch meine eigene Zielvorstellung,
den Raum mit möglichst wenig Linien zu gestalten. Dadurch wollte ich den gewöhnlichen Eindruck des
„japanischen“ vermeiden. Traditionelle Häuser einschl. Teehäuser in Japan werden in Holzskelettbauweise errichtet.
Da sind Stutzen, Balken, Schwellen und Deckenkonstruktion, deren mehreren Linien das typische Bild des japanischen
Raumes hervorrufen.
Diese Überlegungen führen mich zu Frank Wrights Konzept „Auflösung des Kastens“.
So gestaltete ich das Haus anstatt in Skelett-Prinzip mit mehreren flächigen Elementen,
die unabhängig voneinander nur zusammengefügt erscheinen. Durch die gezielt angeordneten
Lücken zwischen den Elementen wird das Licht in den Raum hineingeführt. Diese Lichtstreifen verstärkt
den Eindruck der Auflösung des Raumes und so wirkt er ungewöhnlich. Außerdem erreichte ich noch
eine weitere Charakteristik des traditionellen Teehauses, den Eindruck des Provisoriums.
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